Hybridunterricht – Lernen aus der Krise?

Die plötzlichen Schulschließungen konfrontierten uns alle mit großen Herausforderungen. Auf die Schnelle mussten digitale Werkzeuge in Betrieb genommen und Fernunterrichtsformate entwickelt und erprobt werden. Für den Kunstunterricht erschien die Situation zunächst besonders schwierig, denn das Fach lebt von sinnlichen Erfahrungen, Materialexperimenten, von den inspirierenden Momenten des Gruppenaustauschs und von der intensiven individuellen Betreuung bildnerischer Vorhaben. Mit unserer Zeitschrift Kunst+Unterricht reagierten wir auf diese Situation unter anderem, indem wir eine besondere Reihe herausbrachten: „Im Fokus: Hybridunterricht“. 

Erfahrungsberichte von Kolleginnen und Kollegen stehen in dieser Reihe im Mittelpunkt, wobei es vorwiegend darum geht zu zeigen, was trotz oder gerade durch veränderte Rahmenbedingungen möglich ist. Mit diesen Heften wollen wir Möglichkeitsräume skizzieren, die sich im Krisenmodus ergaben und Impulse für Fachentwicklung zeigen.

Jeweils ein Basisartikel und kurze Gedankenimpulse flankieren die Einblicke in den jeweiligen Distanz- oder Hybridunterricht und schaffen eine Diskursbasis. Als Herausgeberin der Reihe bedanke ich mich ausdrücklich bei allen Autorinnen und Autoren für den Mut, Berichte aus ungesichertem Terrain zu veröffentlichen! 

Hybridunterricht – Lernen aus der Krise?

Vielleicht für viele unerwartet sind Momente Ästhetischer Erfahrung vielfach auch und gerade in hybriden Unterrichtssituationen zu beobachten, wenn Dinge in neuem Licht erscheinen, Schüler*innen sich für ungewohnte Sichtweisen und Perspektiven zu interessieren beginnen oder sich im experimentellen Gestaltungssituationen eigene Positionierungen erarbeiten. Auch für spielerische und performative Elemente fand sich Raum: Staunen, Ausprobieren, Neues wagen… 

In der Vielfalt der Beispiele bilden sich Konturen eines Thirdspace ab, denn unabhängig von den verwendeten Formaten, Werkzeugen und Plattformen (z.B. digitale Pinnwände, Videokonferenzen, Chat, Erklärvideos und Tutorials) zeigt sich eine zunehmend fluide Verschränkung von analog und digital, virtuell und präsentisch. In diesem Thirdspace sind neue Modi der Kommunikation und Begegnung, des Austauschs und der Zusammenarbeit, letztlich auch der gemeinsamen Sinnbildung möglich. 

Aspekte:

  • Wird Lernen asynchron organisiert, kann Individualisierung und Person orientierte Bildung auf einer ganz pragmatischen Ebene gefördert werden. 
  • Über Plattformen u. a. digital gestützte Formate können Materialien, Impulse, Anregungen, Lernhilfen so angeboten werden, dass Schüler*innen selbsttätig wählen, was ihnen hilft. Im Hinblick auf selbstorganisiertes Lernen, Differenzierung und Selbstbestimmung bieten sich hier große Chancen.
  • Auf Beteiligung und Zusammenarbeit ausgelegte Werkzeuge, wie etwa digitale Pinnwände, bieten einen neuen Boden für Gruppenprozesse und setzten Individualisierung in den notwendigen sozialen Rahmen des gemeinsamen Lernens. 
  • Neue Beratungsformate weichen Hierarchien auf und könnten zu einem dialogischen Lehrer*innen-Schüler*innen-Verhältnis führen.

Jenseits effizienzorientierter Lernmanagementsysteme und eng getakteter Lernprozesse kann es auch – und vielleicht gerade – in hybriden Unterrichtssituationen zentral um Ästhetische Erfahrungen und poietische Prozesse sowie um Offenheit im besten Sinn gehen! 

Die Erfahrungen der letzten Monate machen Mut: 

Kunstunterricht ist unverzichtbar, weil wesentliche Paradigmen der Kultur der Digitalität hier einen konstruktiv-kreativen (Bildungs-)Ort finden.  Kunstunterricht gewinnt, wenn eine bewegliche hybride Struktur die Unterrichts- Gestaltungs- und Handlungsräume erweitert. Einfach „mehr digital“ ist keine Lösung; kreativ, beweglich, vielseitig auf Kulturwandel reagieren und diesen mitgestalten und Menschen stark machen, dass sie Mitgestalter*innen werden, schon!

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